Logbuch 8: Pan und Psyche


Am 23.01.2013 notierte ich folgendes:

Ich stelle fest, dass man ohne das Hintergrundwissen die Schriften Foersters nicht recht verstehen, und folglich auch nicht richtig übersetzen kann. So, z. B., erfahre ich, dass der berühmte Aufsatz “Pan und Psyche” entstanden ist, um über seine “Erkenntnisse über die Zusammenhänge in der Natur und im Ganzen” (Ulmer 2009. S. 77) darzustellen und darüber, “wie eine Jahreszeit noch ihre Bekanntschaft machen kann mit einer, die eigentlich schon gar nicht mehr da sein dürfte.” (a.a.O) Ohne dieses Wissen habe ich den Aufsatz fluchend zum Zigsten mal gelesen, ohne zu verstehen. Nun lese ich ihn heute mit einem ganz anderen Bewusstsein, die Übersetzung gelingt mir endlich.


Am 24.01. 2013 notierte ich folgendes: 
Pan und Psyche, Edward Burne-Jones 1870

Beim Frühstück höre ich im Radio, dass es heute minus 10 Grad kalt sein soll. Klasse! Ich packe mich dick ein in meinen wärmsten Sachen, und gehe spazieren. Ich liebe diese klirrende Kälte, wenn der Himmel blau ist. So war der Winter in meiner Kindheit. 

Na ja, wahrscheinlich habe ich zu lange gebraucht, um mir die wärmsten Sachen anzuziehen. Es ist nicht mehr so kalt, wie ich erwartete. Erst im Park wird es merklich kälter, dort lag auch eine unberührte Schneedecke! Der Kopf wird klar. Dort, in meinem Kopf, schwirren aber noch die Worte Foersters um. Ja, die Worte, die wohl klingen, die aber lange brauchen, um sich zu einem verständlichen Satz zusammenzusetzen. Geblieben sind der schöne Klang, die Eindrücke und die Stimmungen, die diese Worte hinterlassen. 

Klar, das sind Momentaufnahmen! In „Warnung und Ermutigung“, oder „Ferien vom Ach“ oder „Es wird durchgeblüht“ usw. begegne ich immerzu solchen „Momentaufnahmen“. Er scheint oft die momentanen Eindrücke festgehalten zu haben, die er dann in einen Aufsatz einbaut. „Pan und Psyche“ und „Wegrandzauber“ müssen auch so entstanden sein. Das sind seine ersten Veröffentlichungen in der Presse. 1906 in der Zeitung „Hamburgischer Correspondent“ . Er war 30 Jahre alt. Vierteilig waren sie ursprünglich. In „Ein Garten der Erinnerung“ sind aber nur der Teil I und IV zu lesen. 
„Aus den graugrünen Gewitterwolken hinter den Tannen zucken waagerechte Blitze, die ein leuchtendes Filigran von Strahlen bilden und wie Sternschnuppen eine Augenblick lang eine feurige Bahnspur hinterlassen; während schon dröhnender Donner rollt, blickt das Auge noch zum Sonnenball auf, der wie eine kleine verschleierte Deckenlampe am Himmel hängt.“, 
so beginnt seine allererste Veröffentlichung „Pan und Psyche.“ 

Es blitzt. Die Blitze hinterlassen feurige Bahnen. Der Donner rollt dröhnend. Der junge Karl blickt auf und sieht noch den Sonnenball im Himmel. Er staunt, dass trotz Blitz und Donner und graugrünen Wolken die Sonne noch zu sehen ist. Die Sonne wirkt wie eine verschleierte Deckenlampe. Das ganze Schauspiel passiert vor dem Hintergrund der Tannen. Ja. So nehme ich den Satz auseinander und setze wieder zusammen. Dann verstehe ich endlich, was passiert. Ich stehe im Geiste mit ihm auf einem weiten Feld und beobachte die Gewitterwolken, die Blitze. Der Donner dröhnt im Ohr. 

Aber, aber. Im nächsten Satz bin ich bald wieder verwirrt. Weil er dann plötzlich unter einem indigoblauen Himmel in einem mannshohen Kornfeld steht, dort streift ein leiser Windhauch. Wo sind die Donner und Blitze, die grauen Gewitterwolken? Ich renne schnell zu ihm in eine andere Wettersphäre hinüber. So geht es seitenweise weiter. Er springt zwischen den Jahreszeiten, verschiedenen Landschaften und Sphären hin und her. Ich immer hinterher, ganz ungeduldig, gespannt darauf, wann endlich Pan und Psyche auftauchen. Ja, das würde passieren, wenn ich ihm nur hinterher bin. Weit gefehlt. Einmal fällt beiläufig der Name Pan. Und das ist alles. Er ‚setzt sich‘ nicht mit der Welt der Pan und Psyche ‚auseinander`. Er ‚huldigt‘, die wundersame Natur, die von den Göttern, Naturwesen und Nymphen bewohnt ist. Es lässt die Natur für sich sprechen:
 „Natur spricht eine wunderbare Sprache. Oft so menschverwandt und wortentrückt; wie aus hohen mystischen Geistessphären herab. – Die alte Griechenseele mit ihrem Pan, ihren Wald- und Flurgöttern rückt unserm Herzen näher. Seltsame Augenblicke und Stimmungen, selige Gipfel der Eigenart und Schönheit einer Tages- und Jahreszeit, über denen es liegt wie ein heiliges, namenloses Raunen oder Schweigen, ein unausgesprochenes Etwas.“ (Pan und Psyche, in: Ein Garten der Erinnerung. Ulmer 2009. S. 106)

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