Logbuch 2: über die "Feierlichkeit"

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"feierlich" 

Bei dem Begriff "feierlich" werde ich stutzig. Wie soll ich dies nun übersetzen? Es gibt leider keine hundertprozentige Entsprechung im koreanischen Wortschatz. Jedenfalls nicht, wie Karl Foerster gemeint haben könnte. Kennen wir Koreaner denn keine Feierlichkeit? Oder sind wir keine feierliche Menschen? Mag alles sein. 

Karl Foerster benutzt diesen Begriff sehr oft. War er selbst ein feierlicher Mensch wie sein Vater? Wüsste ich gern. So hat er seinen Vater beschrieben: 
"Ich besinne mich auf hundertfache Gänge mit unserem Vater in wilder Landschaft, auf denen er den Wegrandflor, den Dünen- oder Bergflor beiläufig mit zärtlichen und feierlichen Worten streifte. Er nahm all die kleinen Geschmeide eigentümlich ernst und wiederholte ihre wohlklingenden griechisch-lateinischen Namen fast wie Namen von Gestirnen oder Weltprinzipien oder magischen Gespinsten der Natur. Es schien hinter seinen Worten ein Mitwissen um große Zusammenhänge zu leuchten, die er nur feierlich lächelnd andeutete." (Karl Foerster: Elternhaus in der Sternwarte. in; Ein Garten der Erinnerung Ulmer Verlag 2009. S.35) 
 In der nächsten Seite heißt es dann, 
"Am hellen Mittag schien er die Sterne über sich zu fühlen; und so gehörte zum Aroma auch seiner kleinen Lebensäußerungen neben aller unmittelbaren Heiterkeit und Wärme durchaus ein leises Element der Feierlichkeit." (a.a.O. S. 36) 
Seine Bücher sind feierlich. Sie sind eine einzige große Feier zu Leben, Gärten, Schönheiten und Liebe. Ich habe Karl Foerster leider nie kennen lernen können. Er starb 1970. Da drückte ich noch die Schulbank in Korea, und hatte vom all dessen keine Ahnung, dass ich einmal in der fernen Zukunft ein Buch von einem sehr großen deutschen Gärtner, Staudenzüchter und Poet übersetzen werde. (Vorausgesetzt natürlich, ich kriege das noch hin.) 

Er wird mich auch nie mehr kennen lernen, obwohl ich tagaus tagein in seinen Büchern lese und über ihn grüble. Ein wenig traurig stimmt mich diese plötzliche Erkenntnis. Ich versinke in eine geradezu feierliche Stimmung, wenn ich all dies bedenke. Ich zünde feierlich ein Räucherstäbchen an, um vielleicht den Geister Karl Foersters heraufzubeschwören. Sollte der Geister seines Vaters dazu gesellen, hätte ich auch nichts dagegen. Wir könnten hier in meinem Arbeitszimmer gemütlich zusammen sitzen und über die Sterne, Wegrandflor und die Feierlichkeit reden. Ja, das könnte dann ein sehr feierliches Beisammensein werden, nicht wahr?


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