Logbuch 4: Der Vater


Das Kapitel "Elternhaus in der Sternwarte" ist schnell übersetzt. Ich lese den übersetzten Text mehrmals durch. Tja, was soll ich sagen. Meiner Übersetzung fehlt, -wie vermutet-, der so charakteristische Zauber der foersterschen Schrift. Ja, der „Zauber“, noch so ein Zauberwort von ihm. Wenn man aber das Wort "Zauber" wortwörtlich ins Koreanisch übersetzt, schwindet der Zauber! Es ist zum..... werden. 

Der Text des Bruders Friedrich Wilhelm ist viel leichter zu übersetzen. Er ist ganz ‚normal‘ aufgebaut, logischer, sachlicher, in sich schlüssiger und besser zu verstehen. Es gibt keine dreifacher Drehungen und vierfache Wendungen wie in Karl Foersters Text. Und vor allem hat der Bruder keine eigenen Worte erfunden! Ich überlege, Karl Foersters Gedanken schweben im Kosmos, seine sechs Sinne weit offen, und blickte er im Geiste alles auf einmal und gleichzeitig. Er verknüpft die Menschendingen mit Gestirnen und das Vergangene mit der Gegenwart und Zukunft. In Zeit und Raum existiert er immer auf verschiedenen Ebenen zugleich . Ein vierdimensionaler Mensch eben.

Z. B. die Beschreibung über seinen Vater, Wilehlm Foerster.; 

„Sein (des Vaters) Menschentum, um das für uns Kinder auch im Alltag eine Art würziger Alpenluft wehte, gipfelte in einer Weltmannshaltung voller Herzensgüte bei der Schlichtung von Streitsachen, um die er oft von einzelnen Menschen oder Gruppen gebeten worden ist.“ (Elternhaus in der Sternwarte, in: Ein Garten der Erinnerung. S.32/S.35)

Wer wird auf die Idee kommen, in einem Satz einen Berliner-Weltmann von der würzigen Alpenluft umwehen zu lassen, um gleich auf die Niedertracht der Streitigkeiten herunter zu kommen. Geschweige denn, sogleich zu behaupten, dass es einen herzensguten Weltmann gibt.

Kaum schnuppere ich glücklich die würzige Alpenluft, muss mich aber schnell in das humboldtsche Bildungsbürgertum Berlins hinuntersausen, in dem es scheinbar auch Streitigkeiten gab. Jeder einzelne Inhalt ist heftig genug, so empfinde ich jedenfalls. Hier aber treffen drei schwerwiegende Beschreibungen, die nicht viel miteinander zu tun zu haben scheinen, auf einen und denselben Menschen zu. Ich strenge mich an, mir einen herzensguten Weltmann vorzustellen. Dafür betrachte ich die Fotos vom Vater Foerster sehr lange. Ja, ich mochte diesen Man auf Anhieb. Muss ein wirklich besonderer Mensch gewesen sein, den es in der Welt nur selten gibt. In dieser Beschreibung Karl Foersters ist mindestens ein ganzes Buch komprimiert eingepackt. Mir fällt das Buch „3 x Foerster“ (hrsg. von Mathias Iven. Potsdam 1995) ein. Dank dieser Veröffentlichung habe ich mehr Fotos von der Familie zur Verfügung. Diese Fotos scanne ich und hefte sie an die Wand hinter dem Schreibtisch. Ich sehe es kommen, dass mein Arbeitszimmer bald von der Familie Foerster beseelt werden wird. 

Aber, wie kommt er auf die würzige Alpenluft? Der Vater stammt aus Schlesien, seine Vorfahren waren Jahrhunderte lang Tuchmacher in Flandern. Kein Bezug auf die Alpen, bis auf die häufigen Urlaubsreisen dorthin. Vielleicht liegt die tiefste Seele der Familie doch in den Alpen? Bei mir ist es jedenfalls so, dass ich immerzu das Pfeifen der starken Winde in mir spüre, die auf den nördlichen Hochebenen der Mandschurei wehen. Ich bin in Seoul geboren und dort aufgewachsen. Trotzdem fühle ich mich wie eine aus der Mandschurei. Nicht nur weil meine Eltern aus dem Grenzgebiet zur Mandschurei stammen. Sondern vielmehr, weil Koreaner in Urzeit auf den nördlichen Hochebenen zwischen Mongolei und Mandschurei gelebt hatten. Meine Seele rennt immerzu dorthin. Seltsam, oder? 

Ja, es wird doch ein Grund zu finden sein, warum um das „Menschentum“ des Wilhelm Foersters „eine Art würziger Alpenluft wehte.“ Vielleicht finde ich einen Hinweis im Buch 3 x Foerster?


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